Zur rassistischen Zutrittsverweigerung am 04. April im Club „Frau Holle“
Stellungnahme des Integrationsrats
04.07.2025
Der Integrationsrat der Stadt Tübingen verurteilt aufs Schärfste die rassistischen Ereignisse im Club „Frau Holle“, bei denen Schwarzen Männern aufgrund ihrer Hautfarbe der Zutritt verweigert wurde. Durch die Berichterstattung des Tagblatts vom 23. Mai wurde bestätigt, was Betroffene bereits lange anprangern: eine klare Diskriminierung, bei der die Hautfarbe als Ausschlusskriterium diente.
Der Vorfall offenbart mehrere gravierende Probleme unserer Gesellschaft. Rassismus ist für viele Menschen in Tübingen trauriger Alltag. Aktuelle Studien, beispielsweise der Monitoringbericht des Nationalen Diskriminierungs- & Rassismusmonitors (NaDiRa) belegen, dass rassistische Diskriminierung in allen Lebensbereichen stattfindet. In der Arbeitswelt, im Bildungssystem, bei Behörden und eben auch in der Freizeitgestaltung.[1]
Besonders erschreckend ist die Tatsache, dass entsprechende Gerüchte zur Türpolitik über den Club „Frau Holle“ bereits im Umlauf waren, bevor der Versuch durch die Antidiskriminierungsstelle (Adis) und das Tagblatt am 04. April stattgefunden hat.[2] Dies zeigt das grundlegende Problem: Betroffene werden oft erst ernst genommen, wenn Dritte die Diskriminierung bezeugen.
Die Reaktionen auf solche Vorfälle sind häufig enttäuschend. Statt Empathie und Aufarbeitung erleben Betroffene Relativierung und Abwehr. Dabei belegen Studien, dass rassistische Einstellungen in weiten Teilen der Gesellschaft verbreitet sind.[3] Die Folgen für die von Rassismus betroffenen Menschen sind schwerwiegend und reichen von psychischen Belastungen bis hin zum Vertrauensverlust in gesellschaftliche Institutionen.
Rassismus ist jedoch kein Problem einzelner Gruppen, er durchzieht die gesamtgesellschaftlichen Strukturen. Damit ist Rassismus eine Gefahr für unsere gesamte Gesellschaft. Er untergräbt unsere demokratischen Grundwerte und den sozialen Zusammenhalt.
Menschenrechte und Gleichberechtigung dürfen keine leeren Versprechungen bleiben, sondern müssen gelebt werden. Der Vorfall fordert uns also alle zur Selbstreflexion auf. Wie oft haben wir selbst bereits Situationen miterlebt und nicht (richtig) eingeordnet?
Wichtig ist jetzt ein entschlossenes Vorgehen. Die Ankündigung der beiden Club-Betreiber, Maßnahmen zu ergreifen, begrüßen wir als ersten Schritt. Nun müssen Taten folgen. Wir fordern eine konsequente Aufarbeitung sowie nachhaltige Schulungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Clubs.
Als Integrationsrat rufen wir alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich aktiv gegen Rassismus einzusetzen. Nur durch gemeinsames Handeln können wir eine Stadt schaffen, in der sich alle Menschen unabhängig von Hautfarbe, Herkunft, Religion und weiteren Diskriminierungsmerkmalen willkommen fühlen.
Hintergrundinformation: Der Integrationsrat berät den Gemeinderat und die Stadtverwaltung bei Themen, die Menschen mit Migrationshintergrund betreffen, und bei integrationspolitischen Fragen. Neben zwölf sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohnern gehören dem Rat Mitglieder des Gemeinderats (ihre Zahl entspricht der Anzahl der Fraktionen im Gemeinderat), sowie eine Vertretung des Jugendgemeinderats und die Leitung der Stabsstelle für Gleichstellung und Integration an.
Der Integrationsrat Tübingen
[1] Monitoringbericht 2025: https://www.rassismusmonitor.de/fileadmin/user_upload/NaDiRa/Publikationen/Verborgene_Muster_Monitoringbericht/NaDiRa_Monitoringbericht_2025_FINAL__1_.pdf (aufgerufen am 08.06.25)
[2] Ein ähnlicher Versuch wurde 2011 durch Studierende in Leipzig durchgeführt. Im Nachgang wurden mehrere Gerichtsverfahren anhängig. https://www.l-iz.de/politik/engagement/2012/04/Rassistische-Einlasskontrollen-Betroffene-ziehen-vor-Gericht-41347; https://www.jetzt.de/jetztgedruckt/diskriminierung-an-der-clubtuer-561544 (aufgerufen am 08.06.2025).
Bezugnehmend auf diese Vorfälle ist 2015 ein Flyer zu „Rassismus an der Clubtür“ durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes erschienen. https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Flyer/diskotheken_20150522.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (aufgerufen am 08.06.2025).
[3] Mehr als ein Fünftel der deutschen Gesamtbevölkerung hat rassistische Einstellungen: https://www.rassismusmonitor.de/fileadmin/user_upload/NaDiRa/Publikationen/Verborgene_Muster_Monitoringbericht/Pressemitteilung_Monitoringbericht.pdf (aufgerufen am 08.06.2025).